„Luther – Spalter oder Brückenbauer?“ Eine Frage, die in ihren Aussagen gegensätzlicher kaum sein kann. Professor Dr. Thomas Söding hatte sich in der gut besuchten Veranstaltung im Gemeindesaal der evangelischen Kirchengemeinde in Everswinkel am Montagabend dieses Themas angenommen. Söding ist Dekan der Katholisch Theologischen Fakultät der Ruhruniversität Bochum und Mitglied in zahlreichen ökumenischen Gremien.
„1500 Jahre sind wir gemeinsam gegangen, uns trennen nur die letzten 500 Jahre“, lautete Södings Einstieg. Die Reformationsjubiläen in den Jahren 1617, 1717, 1817 und 1917 seien kein Ruhmesblatt für beide Konfessionen gewesen und hätten die Gräben nur vertieft. Der Grund liege in der Mythisierung und Politisierung der Reformation auf der evangelischen Seite. Und auf der katholischen Seite habe die Versuchung geherrscht, entweder so zu tun, als habe es die Reformation gar nicht gegeben, oder sie sei verdammt worden, weil sie die Einheit der Christenheit zerstört habe. „Dies erklärt auch das lange Zögern der katholischen Kirche, wie sie sich im Reformationsjahr verhalten soll“, war Södings Einschätzung. In der Mitte des 20. Jahrhunderts sei ein neuer Ansatz der Lutherforschung entstanden. Deren Leitidee sei: Luther hat einen Katholizismus niedergerungen, der gar nicht katholisch war und Luther habe nicht die Antwort erhalten, die er von den Bischöfen verdient gehabt hätte.
„Das Jahr 2017 ist das erste Gedenkjahr, das nicht der Kontroversideologie großen Platz einräumt, sondern der Ökumene Auftrieb verleiht“, bewertete Söding die Positionen der Gegenwart. Das gemeinsame Dokument des Päpstlichen Rats für die Förderung der der Einheit der Christen und des Lutherischen Weltbundes habe dafür die Augen geöffnet. Auch das von der Bischofskonferenz und der EKD verantwortete Dokument „Erinnerung heilen – Jesus Christus bezeugen“ und der Versöhnungsgottesdienst in Hildesheim hätten Zeichen gesetzt. „Wir dürfen die Unterschiede in den beiden Konfessionen nicht als trennende, sondern als verbindende Elemente sehen“, war Södings Apell. „Die katholische Kirche muss zusammen mit ihren ökumenischen Partnern die Chance des Jubiläumsjahres nutzen, um für eine öffentliche Aufmerksamkeit für Religion zu sorgen und den Gottesglauben in seiner friedenstiftenden Kraft zu bezeugen“. Dafür werde der Katholikentag 2018 in Münster unter dem Leitwort „Frieden stiften“, die Plattform bieten.